Freude am Fahren. Das wünscht sich auch Toyota-Chef Akio Toyoda immer wieder. Und deshalb wurde im Jahr 2019 der GR Supra vorgestellt, der auf der gleichen CLAR-Plattform aufbaut wie der BMW Z4. Jetzt will Gazoo Racing dem bayerischen Japaner noch mehr Freude entlocken und verknüpft dafür den 3,0-Liter-R6 fortan auch mit einem 6-Gang-Schaltgetriebe. Ist die Kombination gelungen? Acht Rennstrecken-Runden hatten wir Zeit, um eine Antwort zu finden.
Optische Unterschiede?
Wie Sie auf den folgenden Bildern sehen können, sehen Sie weiterhin einen GR Supra. Die einzigen Unterschiede zu den automatisch geschalteten Modellen sind neue Felgen, die exklusive und optionale Lackierung "Matte Moonstone White" (nicht die abgebildete Testwagen-Farbe namens "Moraeki Grey") und der rote Supra-Schriftzug am Heck. Im Innenraum wird zudem eine neue Lederfarbe angeboten und auf Wunsch lässt sich ein griffiges Alcantara-Packet buchen. Fertig.
Nachdem wir uns auf den nicht gerade puristischen, sondern eigentlich eher ziemlich bequemen Sportsitzen niedergelassen haben, fällt dann die größte Veränderung auf: Es gibt jetzt drei Pedale im Fußraum und die Mittelkonsole mit dem neuen Schaltknauf als Herzstück wurde ebenfalls überarbeitet.
Weil der 200 Gramm schwere Knüppel öfter und intensiver bewegt werden muss als ein Automatik-Wahlhebel, wurde er von Toyota etwas nach hinten versetzt. So wurden komfortable 42 Millimeter zwischen ihm und der Klimabedienung geschaffen, damit man beim Schaltvorgang nicht mit den Knöcheln irgendwo anstößt. Die anderen Schalter auf der Mittelkonsole mussten dafür ebenfalls neu arrangiert werden. Besser oder schlechter ist das nicht. Nur anders.
Nicht zu sehen sind weitere technische Upgrades der Hardware, damit die Verbindung zwischen dem ZF-Schaltgetriebe und dem BMW-Motor klappten. Dafür wurde die Kupplung vergrößert, um mit dem maximalen Drehmoment von 500 Nm klar zu kommen. Außerdem wurden die Stabilisatoren an Vorder- und Hinterachse mit stärkeren Gummis ausgestattet, die Aufhängung wurde angepasst, die Lenkung wurde überarbeitet und die finale Übersetzung wurde von 3,15 auf 3,46 verkürzt.
Ab auf die Rennstrecke
Zeit, für den ersten Stint und die ersten vier Runden mit dem handgeschalteten Toyota GR Supra. Auf dem Papier bringt das hinterradgetriebene Sportcoupé die besten Vorraussetzungen für spaßige Zeiten mit. In 4,6 Sekunden könnte es von 0 auf 100 km/h gehen. Hier ist der hochschaltende Mensch allerdings der limitierende Faktor. Denn Gripverlust ist selbst bei dem wildesten Anfahrmanöver aufgrund einer veränderten Traktionskontrolle nur schwer erreichbar und schnelle Schaltvorgänge sind in den kurzen wie präzisen Ganggassen extrem einfach reproduzierbar.
So geht es nach der ersten Eingewöhnungs- und Aufwärmrunde mit gut 200 km/h im vierten Gang auf die erste Kurve zu. Kurz mit den kräftigen Bremsen auf die richtige Geschwindigkeit abbremsen, runterschalten in den zweiten Gang, Kupplung kommen lassen und schon passt das sogenannte "iMT" die Drehzahl automatisch an das neue Tempo und den neuen Gang an. Praktisch. Kinderleicht. Und selbst wenn Sie dieses Rev-Matching nicht gewöhnt sein sollten, wirkt es relativ natürlich, zurückhaltend und keineswegs störend. Im Sport-Modus lässt es sich aber trotzdem deaktivieren.
Die anvisierte Linie nach dem Einlenken bis zu Kurvenausgang zu halten, klappt ganz gut. Als Purist könnte man sich aber daran stören, dass man doch etwas mehr Vorderachs-Rückmeldung gebrauchen könnte. Alles wirkt viel zu komfortabel und nicht straff genug. Noch schwerer einzuschätzen ist die Hinterachse, die bei einem zu beherzten Druck auf das Gaspedal mit seiner sehr spitzen Kennlinie ziemlich unvermittelt versuchen wird, den vorderen Teil des Fahrzeugs zu überholen. Selbst bei eingeschaltetem ESP und mit dem verbesserten Anti-Roll-Programm kann es so schwierig werden, den GR Supra wieder einzufangen.
Für wilde Drift-Kapriolen ist das alles ja ganz cool und dafür scheint das Modell perfekt geeignet. Genauso wie die Hairpin+-Funktion, die ab einer Steigung von über 5 Prozent der Traktionskontrolle in Haarnadelkurven mehr Freiraum gewährt.
Für puristische Freude am (schnellen) Fahren auf der Rennstrecke mit Schaltgetriebe und Hinterradantrieb ist der GR Supra aber einfach einen Tick zu schwer. Und irgendwie auch einen Tick zu stark. Und so kommen wir nicht umhin uns zu fragen, ob die Kombination wirklich soooo passend ist?! BMW verbaut wahrscheinlich nicht ohne Grund das 6-Gang-Schaltgetriebe ausschließlich in dem Z4 mit 2,0-Liter-Vierzylinder-Turbobenziner. Vielleicht hätte Toyota darüber auch einmal nachdenken sollen, wenn es um einen puristischen Ansatz gehen soll.
Light ... was?
Für den zweiten Stint und die nächsten vier Runden steigen wir um in das Lightweight-Modell. Wobei "Lightweight" vielleicht etwas übertrieben ist. Insgesamt ist dieses Fahrzeug zwar 38,3 Kilogramm leichter, allerdings entfallen bereits 21,8 kg der Gewichtsersparnis auf die neuen 19-Zoll-Alufelgen und das Schaltgetriebe.
Der Lightweight hat also im Endeffekt nur noch 16,5 kg weniger auf den Hüften als ein normaler Supra MT ohne diese Bezeichnung. Und dafür musste nicht viel getan werden. Das Audio-System ist ein anderes (ohne Subwoofer) und die elektrischen Ledersitze wurden entfernt. Im Lightweight sitzt man jetzt auf manuellem Stoff-Gestühl.
Sportlich, sportlich, sportlich:
Toyota GR86 (2022) im Test: Einer der letzten seiner Art
Nissan Z (2022) im ersten US-Fahrbericht: Zport-Wagen
Im Fahrbetrieb merken wir davon – Sie werden es ahnen – nichts. Und wir wagen zu behaupten, dass selbst Menschen mit extrem feinen Popometern rein objektiv keine Unterschiede feststellen werden. Denn ob ein Auto jetzt 1.577 kg oder 1.560 kg wiegt, ist eigentlich egal. Subjektiv mag sich das Heck noch etwas leichter anfühlen, aber das kann auch daran liegen, dass die Fahrzeuge mittlerweile ein paar Liter weniger im Tank haben, die Reifen nach harter Beanspruchung etwas an Grip verloren haben oder wir einfach nicht die gleiche Linie getroffen haben wie in den ersten vier Runden.
Wann geht's los und wie viel kostet es?
Einen Preis – sowohl für den Normalo- als auch den Lightweight-Supra – hat Toyota noch nicht genannt. Ganz nach dem Motto "weniger ist mehr" wird aber sicherlich ein Aufpreis zu den schwereren 3,0-Liter-Fahrzeugen mit Automatikgetriebe verlangt. Mehr werden wir erfahren, wenn der Hersteller die Auftragsbücher öffnet. Hier soll es ab Ende Juni oder Anfang Juli soweit sein und die ersten Auslieferungen können dann im Oktober 2022 über die Bühne gehen.
Fazit: 7/10 Punkte
Lohnt sich die Wartezeit auf einen handgeschalteten GR Supra? Irgendwie ja, irgendwie nein. Wenn bei Ihnen Kraft und Komfort im Vordergrund stehen, würden wir eher das Automatikmodell nehmen. Wenn Sie darüber hinaus aber gerne die volle Kontrolle bei der Gangwahl haben, um so Reifen in im Gegenzug eher schwer kontrollierbaren Drifts zu vernichten, lohnt es sich in jedem Fall. Ja, der GR Supra MT fühlt sich roher und gewaltbereiter an als sein Automatik-Pendant und ja, er ist sehr schnell und sehr stark. Puristische und ungefilterte Freude am Fahren kann Gazoo Racing aber besser – mit dem Toyota GR86.