Die Mercedes E-Klasse ist seit Jahrzehnten das Kernmodell von Mercedes. Im Sommer 2023 rollt eine neue Generation zu den Händlern. Die größten Überraschungen finden sich in der digitalen Welt. Testfahrt, Bilder, Daten, Preis und Infos zum T-Modell.
Neue Mercedes E-Klasse (W 214) ab 62.000 Euro
Videokonferenzen im Auto möglich
E-Klasse kann selbstständig überholen
T-Modell ab Herbst: 615 bis 1830 Liter Kofferraumvolumen
Wohl keine klassische Limousine symbolisiert die automobile Businessclass besser als die Mercedes E-Klasse – und dies seit vielen Generationen. Die Bandbreite, die die E-Klasse abdeckt, war schon immer enorm: vom gemütlichen Taxi 200d bis zur PS-strotzenden AMG-Version mit aberwitziger Leistung, von Limousine über Kombi bis Cabrio und Coupé reichte die Palette, die mit der aktuellen Generation kaum kleiner wird. Technisch wird die neue E-Klasse aber noch einmal alles toppen.
Neue E-Klasse optisch eine kleine S-Klasse
Wenn die E-Klasse in neuer Generation, intern W 214 genannt, noch im Sommer 2023 zu den Händlern rollt, bleibt sie äußerlich noch immer eine traditionelle Business-Limousine – evolutionär weiterentwickelt und unverkennbar ein Mercedes. Wer nicht genau hinsieht, könnte die neue Limousine auch mit der S-Klasse verwechseln. Besonders das Heck erinnert an den Luxus-Bruder. Wie die S-Klasse kommt auch der "E" mit versenkbaren Türgriffen.
Eine kleine Revolution dagegen empfängt Betrachterinnen und Betrachter, sobald sie die Türen öffnen. Das co*ckpit strahlt nicht nur Luxus und Eleganz aus, sondern gehört auch beim Thema Konnektivität und Digitalisierung zum Modernsten, was derzeit in der Branche überhaupt möglich ist.
Kundinnen und Kunden, die nicht mit Smartphone und Laptop aufgewachsen sind, brauchen dennoch keine Angst vor Überforderung zu haben. Den Entwicklern ist es gelungen, die Bedienung logisch und nahezu intuitiv zu gestalten. Zentrales Element bleibt der große Touchscreen in der Mitte des Armaturenbretts – brillant in der Darstellung und sehr reaktionsschnell beim Aufrufen der Menüpunkte. Auffällig ist, dass die Apps auf dem Bildschirm extrem groß dargestellt werden und dadurch treffsicher angewählt werden können.
Erstmals gibt es sogar auf der Beifahrerseite einen Bildschirm (Sonderausstattung). Laufen auf ihm während der Fahrt Filme, und der oder die Fahrende schielt neugierig hinüber, verdunkelt sich das Display.
Bildergalerie: Mercedes E-Klasse 2023
Videokonferenz im Auto
Schier unglaublich ist es, welches Potenzial in der mittlerweile dritten Generation des MBUX-Systems (Mercedes-Benz User Experience) steckt. Vieles wird man definitiv nie gebrauchen oder als Gimmick abtun. Doch diese Entscheidung überlässt Mercedes den Kundinnen und Kunden, schließlich kosten all die Annehmlichkeiten ohnehin extra: Man muss nicht, aber man kann.
Beispielsweise die Ambiente-Beleuchtung passend zur Musik schwingen oder sich über seine Apple-Watch auf dem Bildschirm den Puls anzeigen lassen. Erkennt das System Unregelmäßigkeiten, schlägt es ein Vitalisierungsprogramm vor, mit Massage, Musik und speziellen Düften. Nützlich für Geschäftskundinnen und -kunden dürfte "Zoom" sein: Die App ermöglicht, unterwegs an Videokonferenzen teilzunehmen. Im Stand natürlich. Über die Kamera lassen sich auch Selfies knipsen und verschicken, und natürlich sollen weitere Apps hinzukommen, wie etwa Microsoft Teams. Schöne neue Business-Welt.
Wem Taster, Icons und Schalter für die Bedienung zu umständlich sind, wählt die Sprachsteuerung. Sie erreicht in der E-Klasse einen Kommunikationsgrad, wie es ihn in dieser Qualität bislang nirgends gibt. Selbst "Und"-Befehle sind möglich: "Navigiere mich zum Flughafen Frankfurt und schalte bitte die Sitzheizung ein." Auch ein "Hey, Mercedes" zur Aktivierung ist nicht mehr nötig. Es genügt, einfach drauflos zu sprechen.
Und natürlich darf in Zeiten von künstlicher Intelligenz (KI) auch diese in einem neuen Mercedes nicht fehlen. Fährt man zum Beispiel jeden Morgen durch dieselbe Schranke aufs Werksgelände, geht genau an dieser Stelle automatisch die Seitenscheibe herunter, damit man die Chipkarte gegen das Lesegerät halten kann. "Routinen" nennt das Mercedes, die man auch selbst erstellen kann. Soll Montagmorgen immer automatisch ein Nachrichtensender laufen, freitags aber das Jazz-Programm, lässt sich das vorher einstellen.
Großer Schritt zum autonomen Fahren
Am faszinierendsten aber ist eine Funktion: Die neue E-Klasse kann auf der Autobahn automatisch ganz ohne Zutun des Fahrers oder der Fahrerin überholen. Der ADAC hat es ausprobiert – und es klappt tadellos.
Ist der Abstandstempomat aktiviert, hält der Wagen das Tempo, bremst und beschleunigt von selbst und hält dabei auch die Spur. So weit, so bekannt. Doch wo andere Systeme hinter einem langsameren Fahrzeug das Tempo reduzieren und sich einfach dahinterklemmen würden – und sich hinter einem Lkw selbst ausbremsen –, checken die Sensoren der E-Klasse die Lage und veranlassen einen Überholvorgang.
Angekündigt wird die Aktion mit einem deutlich hörbaren "Pling". Der Blinker wird gesetzt, und schon wechselt der Wagen die Spur. Und nach dem Überholvorgang auch wieder zurück. Bei drei Spuren übrigens auch nach ganz rechts. Die E-Klasse wird so also nicht zum bräsigen Mittelspurschleicher.
Was anfangs ziemlich gespenstisch erscheint, lernt man hinter dem Steuer sehr schnell als Komfortgewinn schätzen – Vertrauen ist rasch gefasst, so gut funktioniert die Technik. Clever: Weiß das Navi, dass die Ausfahrt kommt, bleibt das Fahrzeug rechts und überholt nicht mehr. Allerdings muss der oder die Fahrende nach wie vor eine Hand am Lenkrad lassen, denn auch wenn sich alles sehr nach autonomem Fahren anfühlt: Wir sprechen noch von Stufe 2+ des automatisierten Fahrens und noch nicht von drei, bei der man das Lenkrad loslassen dürfte.
Und es gibt noch ein paar Aber mehr. Zum einen arbeitet das System nur im Geschwindigkeitsbereich zwischen 80 und 140 km/h. Und auch nur auf Autobahnabschnitten mit Tempolimit. Ohne wären die Geschwindigkeitsunterschiede zu groß. Es wäre schließlich fatal, würden die Radarsensoren mit ihrer begrenzten Reichweite einen Motorradfahrer bzw. eine Motorradfahrerin mit 200 km/h nicht detektieren und das Fahrzeug ausscheren lassen. Safety first. Heißt aber: Auf deutschen Autobahnen ist das System kaum nutzbar und eher etwas für den Frankreich- oder Österreich-Urlaub.
Und: Die Testfahrzeuge hatten zu Demozwecken die amerikanische Software an Bord, für Europa muss das System erst noch adaptiert werden. Bis die Technik steht, dürfte es Frühjahr 2024 werden.
Aktuelle Fahrberichte und Autotests. Kostenlos vom ADAC
Motoren: Mild- und Plug-in-Hybride
Bei aller Elektronik, Digitalisierung und Software: Die E-Klasse hat auch unter der Haube einiges zu bieten. Alle Motoren sind elektrifiziert, entweder als Mild-Hybrid (E-Boost beim Beschleunigen) oder als Plug-in-Hybrid (Batterie per Stecker aufladbar). Letztere schaffen mittlerweile eine elektrische Reichweite von über 100 Kilometern.
Die Plug-in-Hybride gibt es zunächst nur in Kombination mit einem Zweiliter-Vierzylinder-Benziner. Sie heißen dann E 300 e und E 400 e, haben entweder 230 kW/313 PS oder 280 kW/380 PS. In beiden Fällen bringt sich die E-Maschine mit zusätzlichen 95 kW/129 PS ein. Anfang 2024 wird Mercedes die E-Klasse auch als Diesel-Plug-in-Hybrid anbieten.
Beim Fahrtermin stand unter anderem der Plug-in-Hybrid 300 e zur Verfügung. Der ist ein Komfort-Antrieb erster Güte und lässt die Limousine lautlos und geschmeidig dahinstromern – Balsam für gestresste Manager- und Managerinnen-Seelen.
Rund 100 Kilometer Elektro-Reichweite nimmt man dem Antrieb tatsächlich ab, zumindest im Sommer. Wenn sich dann bei leerer Batterie oder festem Gasfuß der Benziner einklinkt, kommt nicht nur ein sonorer, aber ebenfalls gut gedämmter Verbrennerklang hinzu, sondern auch ein ziemlicher Leistungs-Punch – auch wenn der Mercedes im reinen E-Antrieb ebenfalls nie untermotorisiert erscheint. Mit beiden Antrieben sind 6,4 Sekunden von 0 auf 100 km/h und 236 km/h Spitze möglich. Wer braucht da noch den 400er, wenn sich schon der 300 e so souverän in Szene setzt?
Auch mit dem Einstieg in die Baureihe W 214 kann man übrigens bestens leben. Den bildet der E 200 mit 150 kW/204 PS und zusätzlichen 17 kW/23 PS, die über den E-Boost generiert werden. Genauso verhält es sich beim bislang einzigen Diesel, dem E 220 d. Er leistet 145 kW/197 PS (mit Boost 220 PS) und dürfte für Vielfahrer und Vielfahrerinnen nach wie vor die beste Option sein, zumal Mercedes den Verbrauch mit nur 4,8 l/100 km (WLTP-Norm) angibt. Beide Motoren machten auf den Testfahrten einen guten Eindruck, mehr Leistung ist im Grund nicht nötig. Die Zeiten des seligen 200 d im W 123 mit 60 PS sind zum Glück vorbei.
Hinterachslenkung macht E-Klasse handlich
Bei vier Zylindern wird es allerdings nicht bleiben. Dazu ist die E-Klasse zu global aufgestellt. 2024 reicht Mercedes jeweils einen Benziner und einen Diesel nach, beide sind Dreiliter-Sechszylinder und tragen die Bezeichnung E 450 sowie E 450 d. Bis auf den E 200 können alle Versionen mit Allradantrieb (4Matic) bestellt werden. Eine 9-Gang-Automatik ist stets serienmäßig.
Fahrkomfort zählt zu den Paradedisziplinen von Mercedes. Wer davon ausgeht, dass die E-Klasse so geschmeidig dahingleitet, wie es in diesem Segment angenehmer kaum geht, liegt völlig richtig. Zumindest mit der optionalen Luftfederung ist das so, mit der alle Testwagen ausgestattet waren. Dann fühlt sich die E-Klasse schon fast wie eine S-Klasse an.
Das Luftfahrwerk mit Niveauregulierung ist Bestandteil des Technikpakets, das auch eine Hinterachslenkung beinhaltet. Sie reduziert den Wendekreis um 90 Zentimeter, was sich besonders in Parkhäusern bemerkbar macht, erleichtert aber auch auf der Straße das Handling ungemein. Dass sich fast fünf Meter Fahrzeuglänge geradezu spielerisch dirigieren lassen, ist der Technik zuzuschreiben.
Trotz ihrer Größe ist die E-Klasse aber nach wie vor kein Raumwunder. Zwar ist im Fond genügend Platz über den Köpfen, und auch an Beinfreiheit mangelt es eigentlich nicht, doch sitzen vorn große Fahrerinnen oder Fahrer, die den Sitz ganz nach unten surren lassen, passen die Füße nicht mehr unter den Vordersitz. Die Folge: Man sitzt mit stärker angewinkelten Beinen auf der ohnehin nicht sonderlich komfortablen Rückbank.
E-Klasse als T-Modell
Traditionell startet die Mercedes E-Klasse als Limousine ein paar Wochen danach, und noch Ende 2023 folgt die Kombi-Variante (T-Modell). Der Gepäckraum fasst nach Herstellerangaben mit aufgeklappten Sitzlehnen 615 Liter – und damit 25 Liter weniger als im alten Modell, weil das Fach im doppelten Boden etwas kleiner ausfällt. Für das Familiengepäck sollte es aber immer noch mehr als genug Stauraum geben. Umgeklappt schluckt das T-Modell 1830 Liter, das sind zehn mehr als bisher.
Bei den Plug-in-Hybrid-Modellen fällt der Kofferraum wegen seines höheren Bodens mit einem Fassungsvermögen von 460 bis 1675 Litern merklich kleiner aus. Die Antriebsbatterie, die mehr als 100 Kilometer rein elektrische Reichweite ermöglichen soll, hat schließlich Platzbedarf.
Bildergalerie: E-Klasse T-Modell
1 von 4
Die Antriebe des Kombis sind mit denen der Limousine deckungsgleich, die Technik aber nicht ganz. Denn der 4,95 Meter lange Kombi hat hinten eine andere Achse und wird immer mit Luftfederung an der Hinterachse ausgeliefert. Eine Allradlenkung ist für das T-Modell nicht zu haben. Mehr Handlichkeit und Mini-Wendekreis gibt es also nur für das Stufenheck-Modell.
Die Rückenlehnen im Fond sind im Verhältnis 40:20:40 teilbar und können elektrisch vom Kofferraum aus umgelegt werden. Serienmäßig ist auch die elektrisch öffnende und schließende "Easy-Pack-Heckklappe". Anhängelast: Je nach Ausführung bis zu 2100 Kilogramm. Zum Preis hat sich Mercedes noch nicht geäußert.
Für 2024 steht dann die etwas höher gelegte T-Modell-Version All-Terrain auf dem Programm. Die beiden AMG-Derivate E 53 und E 63 folgen 2024 und komplettieren die Baureihe. Auch Cabrio und Coupé wurden bereits vorgestellt, auch wenn sie jetzt nicht mehr den Namen E-Klasse tragen dürfen und stattdessen auf den Namen CLE hören. Eine E-Klasse als Elektroauto wird es aber definitiv nicht geben. Diese Rolle hat schließlich längst der Mercedes EQE übernommen.
Preise ab 62.000 Euro
Dass die neue E-Klasse nicht günstig werden würde, war anzunehmen. So kostet das preiswerteste Modell, der E200, rund 62.000 Euro. Ein Schnäppchen sieht anders aus.
Video: So fährt die E-Klasse mit Sechszylinder
Wer lieber noch mit der "alten" E-Klasse Vorlieb nehmen will, kann hier die ADAC Tests als PDF herunterladen. Einige Restexemplare dürften noch zu haben sein oder natürlich als Gebrauchtwagen:
Lesen Sie hier den ausführlichen Test des Mercedes E 400 d T-Modell (pdf)
Lesen Sie hier den ausführlichen Test des Mercedes E 300 d (pdf)
Mercedes E-Klasse: Technische Daten
Technische Daten (Herstellerangaben) | Mercedes-Benz E 200 Avantgarde Advanced 9G-TRONIC (ab 10/23) | Mercedes-Benz E 300 e Avantgarde Advanced 9G-TRONIC (ab 10/23) | Mercedes-Benz E 400 e Avantgarde Advanced Plus 4MATIC 9G-TRONIC (ab 10/23) | Mercedes-Benz E 220 d Avantgarde Advanced 9G-TRONIC (ab 10/23) |
---|---|---|---|---|
Motorart | Otto (Mild-Hybrid) | PlugIn-Hybrid | PlugIn-Hybrid | Diesel (Mild-Hybrid) |
Hubraum (Verbrennungsmotor) | 1.999 ccm | 1.999 ccm | 1.999 ccm | 1.993 ccm |
Leistung maximal in kW (Systemleistung) | 167 | 230 | 280 | 162 |
Leistung maximal in PS (Systemleistung) | 227 | 313 | 381 | 220 |
Drehmoment (Systemleistung) | 320 Nm | 550 Nm | 650 Nm | 440 Nm |
Leistung maximal bei U/min. (Verbrennungsmotor) | 5.800 U/min | 6.100 U/min | 5.800 U/min | 3.600 U/min |
Antriebsart | Hinterrad | Hinterrad | Allrad | Hinterrad |
Beschleunigung 0-100km/h | 7,5 s | 6,4 s | 5,3 s | 7,6 s |
Höchstgeschwindigkeit | 240 km/h | 236 km/h | 250 km/h | 238 km/h |
Reichweite WLTP (elektrisch) | - | 117 km | 110 km | - |
CO2-Wert kombiniert (WLTP) | 144 g/km | 12 g/km | 14 g/km | 125 g/km |
Verbrauch kombiniert (WLTP) | 6,4 l/100 km | 0,5 l/100 km | 0,6 l/100 km | 4,8 l/100 km |
Batteriekapazität (Brutto) in kWh | - | 25,4 | 25,4 | - |
Ladeleistung (kW) | - | AC:11,0 DC:55,0 | AC:11,0 DC:55,0 | - |
Kofferraumvolumen normal | 540 l | 370 l | 370 l | 540 l |
Leergewicht (EU) | 1.825 kg | 2.210 kg | 2.265 kg | 1.915 kg |
Zuladung | 625 kg | 595 kg | 595 kg | 615 kg |
Anhängelast ungebremst | 750 kg | 750 kg | 750 kg | 750 kg |
Anhängelast gebremst 12% | 2.100 kg | 2.100 kg | 2.100 kg | 2.100 kg |
Garantie (Fahrzeug) | 2 Jahre | 2 Jahre | 2 Jahre | 2 Jahre |
Länge x Breite x Höhe | 4.949 mm x 1.880 mm x 1.468 mm | 4.949 mm x 1.880 mm x 1.480 mm | 4.949 mm x 1.880 mm x 1.480 mm | 4.949 mm x 1.880 mm x 1.468 mm |
Grundpreis | 61.999 Euro | 70.091 Euro | 80.242 Euro | 64.320 Euro |
Text: Jochen Wieler, Michael Specht/SP-X
Hier finden Sie viele weitere Neuvorstellungen, Fahrberichte und Autotests.